Bergkönigsnatter

10. Februar 2023

Tierisch verkleidet

„Als was gehst du?“ ist eine Frage, die dieser Tage häufig gestellt wird. „Hier bei uns im Exotarium könnte die Unterhaltung so weitergehen: ‚Als Blatt, wie immer. Und du? – Als Korallenschlange“, überlegt Maximilian Birkendorf, der im Zoo Neuwied als Kurator arbeitet. Viele seiner Pfleglinge sehen aus wie etwas, das sie nicht sind – sind also sozusagen verkleidet. „Anders als bei uns Menschen zu Karneval hat diese äußere Erscheinung bei Tieren natürlich einen tieferen Sinn, und kann auch nicht nach Belieben an- und abgelegt werden“, erklärt er.

Beim Wandelnden Blatt handelt es sich um ein Insekt aus der Ordnung der Gespenstschrecken, das tatsächlich einem grünen Laubblatt täuschend ähnlich sieht. „Diese erstaunliche äußerliche Anpassung an Elemente aus dem Lebensraum eines Tiers nennt man Mimese“, weiß der Kurator. „Sie dient natürlich dem Schutz vor Fressfeinden, und stellt damit sozusagen eine Sonderform der Tarnung dar. Die Wandelnden Blätter gehen sogar noch weiter und ahmen auch in ihrem Verhalten Blätter nach, indem sie bei Störung die schaukelnden Bewegungen eines Blattes im Wind imitieren.“

Eine entgegengesetzte Taktik wendet die amerikanische Bergkönigsnatter an: Die völlig harmlose, kleine Schlange ist so auffällig rot-weiß geringelt, dass sie für Fressfeinde wie Greifvögel leicht zu entdecken ist. „Aber ihre Färbung ist dem Muster der hochgiftigen, im gleichen Gebiet vorkommenden Korallenotter so ähnlich, dass die meisten Raubtiere lieber die Finger von ihr lassen. Den feinen Unterschied, nämlich einen dünnen, schwarzen Streifen zwischen roten und weißen Bändern, übersehen die Räuber offenbar“, vermutet Birkendorf. Das Imitieren von Tieren wird in der Fachsprache Mimikry genannt, im Falle der Bergkönigsnatter spricht man von Schutzmimikry: Sie trägt, wie die giftige Korallenotter, eine Warntracht, die signalisiert: Vorsicht, ich bin ungenießbar! „Eine Warntracht tragen auch viele Amphibien, wie unsere einheimischen Feuersalamander, die zur Zeit leider aufgrund ihrer Winterruhe nicht zu sehen sind. Sehen kann man ein Beispiel für eine Warntracht aber bei unseren Dreistreifen-Baumsteigern, auch wenn diese im Vergleich zu anderen Vertretern aus der Familie der Baumsteigerfrösche geradezu unscheinbar gefärbt sind.“

Das Exotarium hat genau wie der restliche Zoo Neuwied auch an den Karnevalstagen regulär geöffnet, lediglich am Veilchendienstag schließt der Zoo bereits um 12:00. „Wenn man an den närrischen Tagen also zwischen Umzügen und Sitzungen mal eine Pause braucht, bietet sich ein Zoobesuch geradezu an – mit oder ohne Kostüm“, empfiehlt Kurator Max Birkendorf.