6. Juli 2023
Willkommen, Wisent!
Die Sonne steht bereits tief, als an einem warmen Juniabend der grüne Transporter mit dem großen Anhänger den steilen Anstieg ins Waldrevier des Zoo Neuwied hochrollt. „Live animals“ warnt ein Schild an dem Fahrzeug, und zu Recht: „Der Wisent-Jungbulle, den wir heute bekommen, ist bereits jetzt ein stattlicher Kerl. Dem will man nicht plötzlich gegenüberstehen, wenn man ohne Vorwarnung die Tür aufreißt“, sagt Tierarzt Daniel Waked, der als zuständiger Kurator das Ausladen des Tiers beaufsichtigt. „Nachdem uns im Frühjahr das letzte Trampeltier verlassen hat, beginnen wir nun neu mit der Haltung dieser Art, die auch Europäischer Bison genannt wird.“
Zusätzlich zu dem Tier aus Neumünster, das den Namen Homer trägt (nach dem altgriechischen Dichter, nicht nach den Simpsons), soll in Kürze noch ein weiterer Jungbulle die Anlage beziehen. „Wir haben uns für die Haltung einer Jungbullen-Gruppe entschieden, mit der wir das European Bison Conservation Center, kurz EBCC, unterstützen.“ Hier wird die Zucht der Art koordiniert, die in den 1920er Jahren als ausgerottet galt. Gemeinsamen Bemühungen von Zoos und Tierparks ist es zu verdanken, dass es heute in Osteuropa wieder einige wilde Populationen des größten Landsäugetiers Europas gibt. Seit zehn Jahren gibt es sogar im deutschen Rothaargebirge eine wildlebende Herde Wisente, die von ursprünglich acht auf inzwischen 25 Tiere angewachsen ist.
„Weitere Auswilderungsprojekte in Deutschland, aber auch in den Niederlanden, Dänemark und in Frankreich sind derzeit in Planung. Es wäre also möglich, dass einer unserer Wisentbullen in Zukunft für eine neue Auswilderungsgruppe ausgewählt wird, und wir dafür einen anderen jungen Bullen bekommen, der seiner Geburtsherde entwachsen ist“, erklärt Daniel Waked.
Auch, wenn Neuwied für Homer vielleicht noch nicht das Ende seiner Reise ist, sondern nur eine Zwischenstation: Eine Odyssee wird es für den Neumünsterer Wisentbullen sicher nicht.